Ich will der Gute sein…

Ich bin der Gute … besser gesagt: Ich bemühe mich stets, der Gute zu sein.

Dieser Einstieg sollte eigentlich geeignet sein, Widerspruch zu wecken.

Natürlich scheitere ich regelmäßig an diesem Anspruch, behaupte aber immer noch: Unter dem Strich bin ich der Gute. Das heißt, Freude der Mathematik oder auch nur der Grundrechenarten werden es ahnen, in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle habe ich nicht nur in Erwägung gezogen, richtig zu handeln, sondern es auch getan – auch dann, wenn mir dadurch Vorteile entgangen oder persönliche Nachteile entstanden sind.  Und natürlich spielt nicht nur die Summe von guten und bösen Taten eine Rolle: Ich habe niemals die rote Linie überschritten. 

Ich rekapituliere: Um der Gute zu sein, muss man sich deutlich häufiger und in relevanteren Szenarien richtig entschieden haben und man darf niemals eine falsche Entscheidung von solcher Tragweite getroffen haben, dass man sich auf der falschen Seite der roten Linie wiedergefunden hat.

Auch nicht unwichtig: die Gründe für eine Entscheidung.

Damit das alles Sinn ergibt verbleiben zu definieren die Begriffe: richtig und falsch in dem Zusammenhang mit guten und bösen Taten, Gewichtung der Entscheidung in Hinblick auf die Summe und der Begriff „rote Linie“.

Die Möglichkeit, sich nicht zu entscheiden verneine ich hingegen, auch nichts zu tun ist eine Entscheidung – und nicht immer eine gute …

Natürlich gibt es Situation, in denen man lediglich zwischen dem größeren und kleineren Übel wählen darf, aber nicht das „eigentlich richtige“ tun kann. Zwischen den Endpunkten der Skala ganz richtig (Weiß) und völlig falsch (Schwarz) erstreckt sich viel zu oft auch ein Bereich, der aus lauter Grautönen besteht. Sich dort orientieren zu können und sich aus den richtigen Gründen für das hellste Grau zu entscheiden, wäre die korrekte Entscheidung (das kleinere Übel).

Und schließlich sind Menschen auch noch soziale Wesen. Weil aber der Mitmensch nicht immer in der Lage oder willens ist, das richtige zu tun (oder es auch nur zu erkennen), oder einfach auch nur seines soziokulturellen Hintergrundes etwas ganz oder teilweise anderes als richtig „erkennt“, sind wir ständig auf der Suche nach Kompromissen. Hat aber der eine – oder auch der andere – Recht, ist ein Kompromiss immer auch ein fauler, in dem Sinne, weil etwas vom Richtigen geopfert wird, um des lieben Frieden willens; was nicht unbedingt falsch sein muss, aber ganz sicher nicht richtig ist.

Ich rekapituliere: Wir wissen weiterhin nicht, was richtig und falsch ist, aber immerhin, dass es richtig(er) ist, bei dem Versuch zu scheitern, das Richtige zu tun, als er gar nicht zu versuchen. 

Die Gründe: zwischen Altruismus und Egoismus gibt eine Menge Zwischentöne.

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