Aktion Eichhörnchen

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Vor zwei Jahren ist Deutschland knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt: Das Toilettenpapier wurde knapp, die Gazetten landauf-landab zeigten leere Regale in den Supermärkten. Da inzwischen jeder denkbare Witz über das Thema gemacht wurde (und auch einige undenkbare), möchte ich nicht nachkarten.

Die Corona-Pandemie hat uns eindringlich die Verletzbarkeit der weltumspannenden Lieferketten vor Augen geführt – und leider auch einmal mehr gezeigt, dass nicht alle Menschen in der Not über sich hinauswachsen, sondern einige auch vom Schicksal auf Zwergenmaß zurechtgestutzt werden. Weil unter der überraschend dünnen Tünche der Zivilisation immer noch der Wilde lauert, der über die Forderungen des Selbsterhaltungstriebs hinaus bestenfalls noch Verantwortung für die eigene Familie übernimmt. Die Zahl derer, die dem eigenen Stamm (Freunde, Bekannte) verbunden sind, ist vermutlich nur klein, noch kleiner aber ist die Gruppe derer, die sich als Mensch der Menschheit verpflichtet fühlt. Der kleinliche Streit um einen drohenden (und aus meiner Sicht ohnehin unvermeidlichen) Wohlstandsverlust würde sonst die Debatte um die Klimakrise nicht überschatten.

Gerät der Alltag aus dem Takt, tanzen viele offensichtlich nur noch nach einer Musik aus grauer Vorzeit, den Rhythmus diktieren die Gene, die Melodie gibt die Angst vor. Dann grunzt der Mann ein entschlossenes „Muss“ und packt den Kofferraum voll mit Klopapierrollen – und der Dackel auf der Hutablage nickt dazu. Gut, das Bild mit dem Dackel ist etwas altmodisch, aber die Viecher sind immer noch nichts ausgestorben und bevölkern noch den einen oder anderen alten, nach Dieselöl müffelnden Mercedes oder Volvo; Autos, die genauso aus der Zeit gefallen sind, wie Herr und Hund.

Erst das Sankt-Florian-Prinzip hat aus einem Engpass eine Krise gemacht, ein wenig mehr Miteinander und wir hätten mehr Kraft für den Kampf gegen die Pandemie gehabt. In beschämender Weise haben einmal mehr die Medien ihren Teil dazu beigetragen, dass Besorgnis in Hysterie umzuschlagen drohte.

Jetzt gibt es schon wieder Lücken in den Supermarktregalen; diesmal ist nicht (direkt) der/das Virus Schuld, sondern der Streit zwischen den großen Supermarktketten und den Lebensmittelkonzernen darüber, wer den Konsumenten das meiste Geld aus der Tasche ziehen darf. Gelassen bleiben nur die, die tiefe Taschen haben, die anderen müssen schon am 20. ihr Kleingeld zählen, mit der bangen Frage im Kopf, ob das Geld noch bis Monatsende reicht …

Derweil gibt sich Vater Staat großzügig, schnürt ein Unterstützungspaket nach dem anderen. Die Milliarden müssen fließen, damit der Wähler zufrieden ist. Zahlen müssen kommende Generationen. Dabei dominiert das Prinzip Gießkanne; die viel haben, bekommen einfach mehr, die wenig haben, bekommen nicht genug.

Aufgemerkt: Wir sind im Krieg gegen Putin. Falls es jemand bisher nicht bemerkt hat. Okay, nicht auf den Schlachtfeldern der Ukraine, aber nicht nur dort wird dieser Krieg geführt – und gewonnen oder verloren. In dieser Situation finde ich es zumutbar, den Menschen mit den tiefen Taschen Verzicht abzuverlangen. Und nur die wirkungsvoll zu unterstützen, die jeden Cent umdrehen müssen, denen Inflation und Energiekrise übel mitspielen. Und nicht Wahlgeschenke zu verteilen und die Hypothek auf die Zukunft weiter zu erhöhen.

Da kommt nämlich noch einiges auf uns zu, oder besser auf unsere Kinder und Enkel … Falls der ehemalige Geheimdienstoffizier in Moskau bis dahin unseren schönen blauen Planeten nicht in die nicht vorhandene Luft gejagt hat. Im günstigeren Fall also warten Flutkatastrophen, Dürren, Stürme und andere Abwehrreaktionen einer zunehmend gereizten Gaia auf die kommenden Generationen. Das ist Hypothek genug. Da müssen wir nicht noch unseren Wohlstandsverlust kompensieren. Zumal die Menschen der möglichen Zukunft kaum noch eine Chance haben, einen ähnlichen Lebensstandard zu erreichen, wie die Eingeborenen der 1. Welt, die weiterhin nicht realisiert haben, dass 1. und 3. Welt auf der gleichen blauen Kugel zu finden sind. Und beste Voraussetzungen haben, um gemeinsam unterzugehen.

Da nützt das gehortete Toilettenpapier aus dem ersten Lockdown genauso wenig, wie der Notstromgenerator, der dem Blackout den Schrecken nehmen soll. Die Aktion Eichhörnchen läuft wieder – schade, dass kaum jemand gesunden Menschenverstand hortet. Das wäre ein Notvorrat, den wir gut gebrauchen könnten.

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