Silvesternacht und Rassismus

In der Silvesternacht wurden unter anderem in Berlin Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten angegriffen, teilweise wurden die Retter und Helfer mit Böllern beworfen und mit Raketen beschossen.

So weit, so übel.

Nach vorläufigen Polizeiangaben (einmal bereits revidiert) sind in Berlin 145 Menschen festgenommen und – nachdem ihre Personalien festgestellt worden waren – wieder freigelassen worden. 18 Nationalitäten seien unter den Festgenommenen ausgemacht worden, die Mehrheit der Tatverdächtigen hätte die deutsche (45), andere die afghanische (27) und syrische sowie andere Nationalität gehabt.

Wer überhaupt den Anstand hatte, auf konkrete Angaben der Sicherheitsbehörden zu warten und nicht nur seine Vorurteile ausgelebt hat, hat mit diesen Zahlen argumentiert. Wenige Tage später ist nur noch von 38 Festgenommenen im Kontext der Angriffe die Rede, die meisten laut Polizeiangaben Deutsche (zwei Drittel schreibt der „Tagesspiegel“) und jünger als 21 Jahre. Der „Rest“ sei in anderen Zusammenhängen aufgefallen.

Und das ist natürlich nicht das letzte Wort; von der Bekanntgabe des „vorläufigen amtlichen Endergebnisses“, sprich der finalen Silvesterbilanz, sind wir noch weit entfernt. Es spielt aber auch kaum eine Rolle, welcher Bürokrat noch einmal die Verhaftungen zählt oder seinen Rechenschieber wiederfindet. Die Sicherheitsbehörden haben sich mit diesen Zahlenspielen und durchgestochenen Zwischenergebnisse nicht mit Ruhm bekleckert, ebenso wenig wie Politiker und Medien.

Vorwiegend junge Männer aus einem von Perspektivlosigkeit geprägten Umfeld, in dem ein geradezu toxischer Männlichkeitskult vorherrscht, eine von Alkohol aufgeheizte Stimmung, Wut auf einen Staat, mit denen sich die wenigsten identifizieren können, die sich in Aggression Bahn bricht: ein ganzer Cocktail von möglichen Ursachen für die Gewaltexplosion. Trotzdem konzentrierten sich Politiker am nächsten Tag auf hauptsächlich auf eine mögliche Ursache: 

Rassistische Ressentiments werden bedient, statt über Lösungen nachzudenken.

Dabei haben wir ein Problem, das die Grenzen der Ethnien ebenso sprengt, wie es nicht auf Berlin beschränkt ist:  der mangelnde Respekt vor Vertretern des Staates und die sinkende Hemmschwelle zur Gewalt.

Randnotiz: In derselben Nacht, als in Berlin Fahrzeuge brannten, haben unbekannte Täter im beschaulichen Herford einen Waldkindergarten verwüstet – sie sind ein eingebrochen, um sich zu bereichern oder aufzuwärmen, sondern haben gezielt zerstört und gewütet. 

Machen wir es uns doch einmal ganz einfach und tun so, als wären wir Demokraten, die in einem Rechtsstaat leben:

  • Die möglichen Täter werden ermittelt
  • Beweise werden zusammengetragen
  • Die möglichen Täter werden vor Gericht gestellt und verurteilt. Die Gesetzeslage reicht völlig aus: Landfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung könnten unter anderem infrage kommen; alles keine Bagatelldelikte und mit empfindlichen Strafen bedroht.

Was ist sonst noch zu tun? Der Staat, der das Gewaltmonopol (zu Recht) an sich gezogen hat, muss es auch ausüben. Es darf keine rechtsfreien Räume geben, der Staat darf keine Stadtviertel oder Straßen kriminellen Organisationen oder Parallelgesellschaften überlassen. „Einstiegsdelikte“ müssen konsequent verfolgt, aufgeklärt und ohne lange Verzögerung bestraft werden. Keine neuen Gesetze, sondern eine bessere Ausstattung der Polizei und der Justiz mit Menschen und Material.

Gleichzeitig muss die Bedeutung des Rechtsstaats für jeden Einzelnen herausgearbeitet werden, Übergriffigkeiten (wie sie im bayerischen Polizeigesetz verankert sind, Stichwort Polizeigewahrsam) müssen verschwinden, die Polizei (und die Rettungsdienste) müssen als Partner der bürgerlichen Gesellschaft wahrgenommen werden.

Politiker, die reflexartig und populistisch nach härteren Strafen oder neuen Gesetzen rufen, stärken den Rechtsstaat nicht, sie beschädigen ihn. Hier kann nur der Volkssouverän Abhilfe schaffen und die abstrafen, die an den Rändern des demokratischen Spektrums nach Zustimmung fischen und sich der Komplizenschaft mancher Medien bedienen.

Die Integration funktioniert nicht so, wie es sein sollte, ist aber der einzige Weg. Wir sind auf Zuwanderung angewiesen, was aktuell überdeutlich wird. Außerdem ist Zuwanderung für mich auch wünschenswert, weil sie unsere Gesellschaft bereichert. Also müssen wir uns mehr anstrengen, Migranten in unsere liberale und freiheitliche Gesellschaft zu integrieren, ohne ihnen ihre religiöse oder ethnische Identität zu rauben, solange sie den unverhandelbaren Mindeststandard akzeptieren, der sich aus dem Mehrklang von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung von Freiheit und Menschenwürde ergibt. Migranten, die dazu nicht bereit sind, kann man auch nicht integrieren.

Wer vor Krieg oder einer anderen Bedrohung zu uns geflüchtet sind, sollte Schutz und Fürsorge bekommen, auch das gebieten unsere Werte. Wer aber zum Beispiel nicht die Rechte von Frauen oder Kindern achtet, die Autorität des Staates leugnet und meint, religiöse Vorschriften würden über dem Gesetz stehen, sollte beobachtet und alsbald (sobald es dort sicher ist) in seine Heimat zurückgeschickt werden.

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