Freiheit, ein Reizwort

Das erste Wort hat die Wikipedia. Wer es noch nicht weiß: Ich bin ein Fan! An einigen anderen Stellen in diesem Beitrag finden sich deshalb weitere Definitionen und Zitate aus diesem großartigen Gemeinschaftsprojekt.

Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auszuwählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt in PhilosophieTheologie und Recht der Moderne allgemein einen Zustand der Autonomie eines Subjekts.

(aus Freiheit – Wikipedia)

In diesen Tagen, wenn das Corona-Virus unseren Alltag in unzulässiger Weise bestimmt, ist der Begriff mehr als zuvor in den Fokus der gesellschaftlichen Diskussion geraten. Auch im beschaulichen Ostwestfalen-Lippe laufen gemischte Gruppen durch die verträumten Orte und skandieren lauthals „Freiheit“, beklagen, dass Gesetze und Verhaltensregeln, die geeignet oder zumindest dafür gedacht sind, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, ihre Freiheit einschränkt. Machen sich gar zum Anwalt der Freiheitsrechte, was schon skurril anmutet, wenn man sieht, dass rechte Agitatoren und Aluhut-Träger mitmarschieren. Die einen wollen die Freiheit zu entscheiden, wer frei sein darf, die anderen sind so verstrahlt, dass die Aluhüte mehr zum Schutz der Umgebung taugen, als zu ihrem eignen. Aber das ist nicht unser Thema.

Freiheit hat etwas mit Autonomie zu tun, mit Selbstbestimmung des Individuums. Ein Mensch, der allein ist, ist so frei, wie überhaupt möglich. Auch wenn er oder sie das möglicherweise ganz anders sehen: Tag und Nacht bestimmen den Tagesablauf, die Suche nach Wasser und Nahrungsmitteln frisst Zeit und reduzieren die Gestaltungsmöglichkeiten weiter. Mag sein, dass die (Entscheidungs-)Freiheit dieses Menschen im (un-)geeigneten Umfeld nur die ist: „Stirb jetzt, oder stirb später“. Ist so ein selbst bestimmtes Leben ein erstrebenswertes Ziel?

Weil das Alleinsein eben nicht so toll ist: Menschen leben in Gruppen, bilden Gemeinschaften. Sie geben etwas von ihrer perfekten Autonomie auf, um ganz praktisch Freiheit dazuzugewinnen.

Diese Gemeinschaften ordnen sich einer Autorität unter oder geben sich im besten Fall Regeln, die ein gemeinsames Verständnis von Werten in Worte gießen:

Wie unser Grundgesetz:

Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Den Vätern des Grundgesetzes gebührt uneingeschränkt mein Respekt, sie haben sich idealistisch und realistisch zugleich an die Aufgabe gemacht, aus Menschenrechten und anderen westlichen (sicher in der Wurzel auch christlichen) Werten eine Verfassung zu schaffen, die weniger pathetisch ist als andere (wie die amerikanische Verfassung mit der Bill of Rights) und verbindlicher als die Kombination aus Gesetzen mit Verfassungsrang und dem sogenannten Common Law, die das britische Verfassungsrecht ausmachen.

Alle Verfassungen aber räumen der Freiheit eine wichtige Rolle ein. Und unter allen Freiheiten kommt der Meinungsfreiheit besondere Bedeutung zu, denn dieses Freiheitsrecht berührt den Kern der Demokratie.

Dem französischen Philosophen und Schriftsteller Voltaire (1694–1778) wird ein Ausspruch nachgesagt, der das Prinzip der Meinungsfreiheit nennt:

„Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Eure Meinung ausdrücken könnt.“

Dem ist wenig hinzuzufügen.

Wenn also Querdenker, Aluhüte, Impfverweigerer etc. ihre Meinung in die Meinung hinausposaunen wollen: nur zu, es ist ihr gutes Recht.

Meinungen kann man immer diskutieren. Fakten nicht, die kann man nur erkennen oder zur Kenntnis nehmen. Zwei plus zwei bleibt vier, auch wenn ihr alle da draußen anderer Meinung seid. Und wenn ich meinen Apfel senkrecht in die Luft werfe, kommt er unweigerlich wieder herunter. Jedenfalls innerhalb des Gravitationsfeldes der Erde und wenn ich mit meinen beiden Beinen fest auf derselben stehe. Das müssen wir nicht diskutieren. Werde ich auch nicht.

 Jedenfalls nicht hier: Sicher folgt zu einem anderen Zeitpunkt auch einmal eine Erörterung zum Thema: "Schafft Wahrnehmung Wirklichkeit?" 

Seitdem Newton der sprichwörtliche Apfel aufs weise Haupt gefallen ist, drücken wir diese Gewissheit in Formeln aus, die sich im makroskopischen Universum bewährt haben: Naturwissenschaftliche Erkenntnisse beschreiben die Wirklichkeit. Die Quantenmechanik hat diese Weltsicht erweitert und verändert, aber nicht widerlegt – die klassische Physik als Sonderfall.

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