Der Demokrat …

… ist mehr als noch vor einigen Jahren gefragt, bevor Diktatoren begonnen haben, die Illusionen der Gutmenschen unter ihren (Militär-)Stiefeln zu zermahlen, – und vielerorts auch händeringend gesucht. Bevor wir diesem scheuen Geschöpft nahetreten, wollen wir aber einen Blick auf mögliche Gründe werfen, warum wir uns gerade jetzt auf die Suche machen.

Antidemokratische Positionen und Einstellungen werden in diesen Tagen in der öffentlichen Debatte, aber auch auf der viel beschworenen Straße verstärkt sichtbar. Als Ursache kommt eine zunehmende gesellschaftliche Polarisierung wahrscheinlich als Folge der Krisen der vergangenen Jahre infrage: Ukraine-Krieg, der eskalierte Nahost-Konflikt, Migration und Flucht, befeuert von Verfolgung, Krieg und den Konsequenzen des Klimawandels. Dazu die galoppierende Inflation und der unsensible Umgang einer überforderten Regierung mit den Nöten ihrer Bürger. Immer mehr Menschen sind verunsichert, suchen ihr Heil bei rechten Populisten und Rechtsradikalen, die einfache Lösungen versprechen.

In einigen der folgenden Ausführungen stütze ich mich neben meiner eigenen Einschätzung auch auf ein Papier der Bundeszentrale für politische Bildung, das sich im Kern mit entsprechenden Tendenzen an unseren Schulen beschäftigt. Das Original kann man hier nachlesen.

Die Autoren unterscheiden zwischen antidemokratische Positionen und Einstellungen.

Antidemokratische Positionen beruhten nicht zwangsläufig auf einem gefestigten antidemokratischen Weltbild. In Zeiten „multipler Krisen“ ließe sich feststellen, dass immer häufiger das demokratische Ideal der Gleichheit und Freiheit durch antidemokratische Aussagen infrage gestellt würden. Dabei käme es konkret zu Abwertungen von Gruppierungen, Religionen, Weltanschauungen, Lebensstilen, Lebensphilosophien und/oder Lebensweisen. In Abgrenzung zur Extremismustheorie (nachzulesen bei Uwe Backes, Schriften des Hannah-Arendt-Instituts 31, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2006) handele es sich um Positionen, die in der Mitte der Gesellschaft fest verankert seien und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Diskursen immer wieder auftauchten. Inwiefern diese Abwertung eher auf Ängste und Unsicherheiten, statt auf überzeugte antidemokratische Ideologien zurückzuführen sind, könne zunächst nicht bestimmt werden.

Das klingt erst einmal abstrakt. Für mich ist es aber unstrittig, dass Stammtischparolen dieser Art gefährlich sind: „Asylanten fliehen nicht vor Hunger oder Krieg, sondern wollen nur auf unsere Kosten faul leben (und sich die Zähne machen lassen)“. Oder „Muslime wollen sich doch nur in unserer Mitte in die Luft sprengen, damit sie im Paradies von 72 Jungfrauen verwöhnt werden“. Oder, die eine alte Dame letztens schimpfte, „die (Ukrainer) haben doch alle ein Fahrrad bekommen, fahren rücksichtslos auf dem Bürgersteig und mir Älteren trauen uns nicht mehr aus dem Haus“. Unterschiedliche Stufen von Wahnsinn, aber vom gleichen Ungeist inspiriert. Und zumindest von der alten Damen weiß ich, dass sie nicht rechtsextrem ist …

Nichts davon sollten wir unwidersprochen hinnehmen.

Demgegenüber stünden antidemokratische Einstellungen, die sich auf ein autoritär nationales Weltbild berufen. Extrem rechte Tendenzen lieferten hier häufig den Nährboden. Ihnen liege die „Konstruktion nationaler Zugehörigkeit durch Verschärfung spezifischer ethnischer und kultureller Ausgrenzungskriterien und deren Verdichtung zu kollektiven Homogenitätsvorstellungen“ (Schedler 2019, S. 30), also Vorstellungen von Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit in einer Gruppe wie dem deutschen Volk, zugrunde.

Eine differenzierte Betrachtung beider Kategorien erscheint den Autoren relevant, da eine antidemokratische Position schnell in eine antidemokratische Einstellung umschlagen könne. Ich meine: Getreue dem Motto „Wehret den Anfängen“ sollten wir (Demokraten) intervenieren, bevor aus einer antidemokratischen Positionen eine entsprechende Einstellung wird.

Die Gefahr ist im Internet-Zeitalter größer als je zuvor, weil es einfacher geworden ist, auch für die absurdesten Standpunkte Bestätigung zu finden und damit die eigene Blase zu stabilisieren. Die Algorithmen der sozialen Netzwerke befeuern das noch, indem sie und frei Haus Beiträge liefern, die unsere Zustimmung finden. Weil das Netz räumlichen Grenzen sprengt wird aus jeder fixen Idee vermeintlich eine (Massen-)Bewegung. Wenn dann noch (schlechte) Moderatoren in den traditionellen Medien den geifernden Sprücheklopfer aus der Schwurbler-Ecke des quotenträchtigen Streites wegen die – manchmal sogar öffentlich-rechtliche – Bühne geben und offensichtlich gleichberechtigt neben etablierten Parteien und Organisationen sowie ernst zu nehmenden Wissenschaftlern präsentieren, verrutschen die Maßstäbe des nicht ganz so aufmerksamen Zuschauers noch mehr. Zumal sich die überzahlten Medienprofis nur selten dazu aufraffen, die extremen Positionen einzuordnen, denen sie in ihren Sendungen Raum geben. Zurück bleibt ein Zuschauer, der nur mitnimmt, was in sein Weltbild passt.

Aus den vorangestellten Betrachtungen folgt unmittelbar, dass wir als Freude, Bekannte oder Kollegen einspringen müssen, wo die Profis versagen: Nicht unwidersprochen hinnehmen, wenn rechtspopulistische, menschenverachtende und/oder rassistische Sprüche geklopft oder auch nur zitiert werden.

Zuerst aber wollen wir uns vergewissern, was es bedeutet, ein Demokrat zu sein.

Welche Voraussetzungen sind für eine funktionierende Demokratie erforderlich, sind demokratische Strukturen bereits ausreichend? Ich sage nein und behaupte, für eine funktionierende Demokratie ist die bloße Existenz von demokratischen Strukturen nicht ausreichend, vielmehr muss man sie auch als Lebens- und Gesellschaftsform begreifen. Neben den Institutionen sollte auch die Bürgerschaft demokratische Werte vertreten. Es ist notwendig, dass das soziale Miteinander, das sich aus Vielfalt zusammensetzt, in demokratischer Weise organisiert wird. Es reicht also nicht, die Integrität der Institutionen zu bewahren, der Kampf um die Demokratie findet auch im Kopf jedes Bürgers statt.

Was aber bedeutet es, ein Demokrat zu sein:

  • Sich informiert an Wahlen zu beteiligen und sich bürgerschaftlich zu engagieren.
  • Demokratisch getroffene Entscheidungen auch zu akzeptieren, wenn man einen anderen Standpunkt vertritt.
  • Politische Gegner nicht als Feinde zu sehen, die es zu vernichten, sondern als Konkurrenten, die es zu überzeugen gilt.
  • Tolerant gegenüber anderen Lebensentwürfen, religiösen und politischen Überzeugungen zu sein.

Diese Fähigkeiten und Einstellungen werden uns nicht in die Wiege gelegt, man muss sie wirklich wollen, manchmal mühsam lernen und immer konsequent einüben. Die Demokratie fordert von jedem und jeder seine oder ihre Mitarbeit ein, verlangt von ihren Jüngern manchmal Opfer und Verzicht. Auch in der Demokratie gibt es unterschiedliche Bedürfnisse und Ansprüche, und auch wenn alle Menschen gleich (wertvoll) sind, besitzen sie doch sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Voraussetzungen und tragen unterschiedlich viel zum Gemeinwohl bei.

In der Bundesrepublik Deutschland sind einige grundlegende demokratische Werte in der freiheitlich demokratischen Grundordnung verankert. Die zentralen Prinzipien betreffen die Achtung der Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Leben und die freie Entfaltung der Persönlichkeit.

Das Grundgesetz legt auch die „Spielregeln“ für den Aufbau und die Gestaltung der demokratischen Republik fest. Dazu gehören die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für politische Parteien, inklusive des Rechts auf Opposition.

Demokraten stehen zu diesen Prinzipien des Grundgesetzes, wie Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Volkssouveränität und Opposition. Sie respektieren Grundrechte wie Meinungs- und Religionsfreiheit, vertreten Werte wie Solidarität, Anerkennung und Respekt, und setzen sich für die Gleichwertigkeit aller Menschen ein.

Es gibt verschiedene demokratische Werte, über deren Bedeutung und Wichtigkeit oft diskutiert wird. Den Richtungsweiser für das Verständnis dieser Werte gibt Artikel 1 des Grundgesetzes vor: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Letztlich lassen sich alle demokratischen Werte auf die Achtung der Menschenrechte zurückführen, darunter Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Manchmal stehen diese Grundwerte jedoch im Spannungsverhältnis zueinander, wie Freiheit und Sicherheit.

Deutschland ist aber nicht nur ein demokratischer Staat, sondern auch ein Rechtsstaat. Die Regeln des Rechtsstaates leiten sich von demokratischen Werten ab: Das Zusammenwirken von Legislative, Exekutive und Judikative versucht den hohen (ethischen) Anspruch des Demokraten mit der real existierenden Wirklichkeit einer Gesellschaft zusammenzubringen, die politischen, gesellschaftlichen und religiösen Überzeugungen Raum bietet, die – milde ausgedrückt – demokratische Werte nicht unbedingt befeuern. Aber wie auch Kriminelle ohne Wenn und Aber den Schutz der Gesetze genießen und nicht Willkür von Strafverfolgungsbehörden fürchten müssen, so muss die Demokratie auch lautstarke Andersdenkende aushalten und die Auseinandersetzung mit zivilisierten Mitteln führen. Der Rechtsstaat sollte garantieren, dass in der Auseinandersetzung demokratische Spielregeln respektiert werden. Das Gewaltmonopol des Staates garantiert, dass seine Bürger die Auseinandersetzung mit Argumenten führen und nicht mit Waffen austragen.

Jede Form von Gewalt, Willkür, Missachtung, Ausgrenzung und Beleidigung in Worten und Tat ist aus Sicht des Demokraten verwerflich. Wenn Polizei und Justiz Gewalt ausüben, tun sie das auf Grundlage von demokratisch verabschiedeten Gesetzen, die Täter und Opfern gleichermaßen im Blick haben. Wenn ein Land als Teil der NATO bereit ist, Sicherheit und Freiheit seiner Bürger mit Waffen zu verteidigen, ist das ebenfalls legitim. Und auch notwendig, solange dort draußen Autokraten wie Putin, Xi Jinping und Erdogan unsere Lebensart bedrohen, religiöse Fanatiker die Menschenrechte mit Füßen treten und gesellschaftlichen „Eliten“ im Namen des schnöden Mammons ihre Mitmenschen in Armut und Angst halten.

Deutschland hat seine Erfahrungen gemacht und eigentlich sollte es gerade hierzulande unmöglich sein, dass Anti-Demokraten wieder Einfluss gewinnen. Fast könnte man die Amerikaner verstehen, wenn sie auf der Suche nach einfachen Lösungen für die komplexen Probleme der Welt und aus Angst vor Wohlstandsverlust, Figuren wie Donald Trump folgen, für den die Gesetze scheinbar nur „unverbindliche Handlungsempfehlungen“ sind. Schließlich haben sie weder die Schreckensherrschaft der Nazi erlebt, noch in einem maroden DDR-Staat gelebt. Aber nur fast … In diesem globalen Dorf ist es nämlich auch erlaubt, von den Fehlern der anderen zu lernen.

„Der Dumme lernt aus seinen eigenen Fehlern, der Kluge aus den Fehlern der anderen.“

Gesagt von wem auch immer

Abschreckende Beispiel gibt es genug:

In Ungarn unter Ministerpräsident Viktor Orbán sind Demokratie und Rechtsstaat auf dem Rückzug. Ungarn entwickelt sich zudem zum Testfall für die europäischen Institutionen in Brüssel und ihren Anspruch an die Rechtsstaatlichkeit der Mitglieder  (Einschätzung der Situation auf einer Seite der Bertelsmann-Stiftung). So gibt es Vorwürfe, dass die jüngste Wahl in Ungarn Mitbewerber der seit 2010 regierenden Fidesz-Partei unfair benachteiligt hat. Dazu kommen Regelverstöße wie das Verbot der Aufklärung über LGBT-Themen an Schulen, die Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz, Beeinflussung freier Medien und die Zweckentfremdung von EU-Geldern.

In Russland gleicht das politische System einer Mischung aus Autokratie und Oligarchie. Freiheitlich-demokratischer Grundrechte sind deutlich eingeschränkt. Im Zusammenhang mit Russland ist die Rede von einer „gelenkten Demokratie, einer simulierten Demokratie, einer autoritären Präsidialherrschaft oder einer superpräsidentiellen Herrschaft“. Westliche Beobachter haben ausgemacht, dass sich seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine innenpolitische Repressionen binnen kürzester Zeit massiv verschärft haben. Eine kompakte Übersicht über das „Politisches System und aktuelle Politik in Russland“ findet man zum Beispiel auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung BW.

Die Situation in Polen hat sich – glücklicherweise – nach den jüngsten Wahlen erkennbar verbessert. Eine Bewertung der Lage auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung BW findet man hier. Die folgende Zusammenfassung bedient sich dieser Quelle.

In den 1990er Jahren vollzog Polen eine bemerkenswerte Transformation hin zur liberalen Demokratie. Die Verabschiedung der Verfassung von 1997 festigte das Land als eine liberale Demokratie. Doch der Regierungswechsel im Jahr 2015 brachte Veränderungen mit sich. Die rechtskonservative und populistische Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) erlangte in beiden Kammern die absolute Mehrheit und stellte Präsident Andrzej Duda. Dies führte zu einem schrittweisen, besorgniserregenden Abbau demokratischer Strukturen. Die Gewaltenteilung wurde teilweise aufgehoben, der öffentlich-rechtliche Rundfunk zum Sprachrohr der Regierung, und wichtige Positionen in Justiz und Kultur wurden mit parteitreuen Personen besetzt. Zudem verfolgte die PiS eine umverteilende Wirtschaftspolitik, die sozial schwächere Bevölkerungsschichten unterstützte.

Die Parlamentswahlen 2023 brachten einen Machtwechsel. Die Opposition erzielte die Mehrheit in beiden Kammern, und der neue Ministerpräsident Donald Tusk strebt eine pro-europäische Regierung an. Sein erklärtes Ziel ist es, den Abbau demokratischer Institutionen rückgängig zu machen und zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zurückzukehren. Die Herausforderung liegt darin, dies angesichts bereits vollzogener Veränderungen zu bewerkstelligen. Zudem spaltet die polnische Gesellschaft tief, was durch die Polarisierung der rechtspopulistischen Regierung in den vergangenen Jahren verschärft wurde.

Trotzdem scheint mir Polen auf einem guten Weg, anders, als noch vor einigen Monaten. Ich drücke unseren östlichen Nachbarn jedenfalls die Daumen.

Die Türkei ist kein direkter Nachbar der Bundesrepublik und auch kein Mitglied der Europäischen Union. Deutschland und die Türkei sind trotzdem eng verbandelt, nicht nur, weil die Türkei ein bevorzugtes Urlaubsland der Deutschen ist, sondern auch, weil viele Menschen mit türkischen Wurzeln hier leben und arbeiten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge spricht von fast drei Millionen, nach den (Spät-)Aussiedlern ist das die größte Gruppe. „2015 lebten nach den Daten des Mikrozensus insgesamt rund 2,9 Mio. Personen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland. Davon hatte etwa die Hälfte die türkische Staatsangehörigkeit (1,5 Mio.). In der Altersgruppe von 18 bis 80-Jährigen hatten 36 % die deutsche bzw. die doppelte Staatsangehörigkeit.“, schreibt das Bundesamt hier. Die Zahlen des Mikrozensus sind schon älter, andere belastbare Daten habe ich nicht gefunden. Als NATO-Partner in exponierter Stellung und bei der Steuerung der Flüchtlingsströme nach Europa kommt der Türkei zudem besondere zu. Es gibt also reichlich Gründe, sich Sorgen um die demokratische Verfassung des türkischen Staates zu machen.

Wirklich gut ist es um die nicht bestellt: „2017 wurde das Amt des Staatspräsidenten zur zentralen Machtposition in der Türkei erhoben, das System der parlamentarisch kontrollierten Regierung abgeschafft“, schreibt Prof. Dr. Christian Rumpf zu Beginn seiner Analyse des aktuellen politischen Systems in der Türkei auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung.

Tatsächlich wurde im April 2017 die türkische Verfassung umfassend reformiert, um die bereits vollzogenen systemischen Veränderungen anzupassen. Seitdem hat die Türkei den Weg von einer parlamentarischen Demokratie hin zu einem Präsidialsystem eingeschlagen. Diese Entwicklung wurde mit den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Juni 2018 abgeschlossen, wobei das Amt des Ministerpräsidenten abgeschafft wurde.

Das Staatsoberhaupt der Republik Türkei ist der Staatspräsident, der direkt von den Bürgerinnen und Bürgern für eine Dauer von fünf Jahren gewählt wird – ebenso wie das Parlament. Seit den Wahlen 2018 steht der Staatspräsident auch formal der Regierung vor. Er kann Mitglieder nach eigenem Ermessen ernennen und entlassen, hat weitreichende Kompetenzen, kann Präsidialverordnungen erlassen und bestimmt über wichtige Positionen im Staatsapparat, einschließlich Universitäten und der Justiz.

Zuerst Ministerpräsident, nach der Reform Staatspräsident ist der Politiker Recep Tayyip Erdoğan. Nach einer anfänglichen Phase der Liberalisierung hat er schnell einen autoritäten Kurs eingeschlagen, die Gewaltentrennung zugunsten der Exekutive geschwächt und immer mehr Macht angehäuft. Unter Erdogan scheint eine Trendwende nur schwer möglich. Allerdings steckt die Türkei in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Angesichts der galoppierenden Inflation wittern Oppositionspolitiker Morgenluft.

Die Lage für die Demokratie ist weltweit besorgniserregend.

Die Demokratie verliert an Boden: Erstmals seit 2004 verzeichnet unser Transformationsindex (BTI) mehr autokratische als demokratische Staaten. Von 137 untersuchten Ländern sind nur noch 67 Demokratien, die Zahl der Autokratien steigt auf 70.

Bertelsmann-Stiftung

Ich glaube daran, was unter den real existierenden Regierungsformen die Demokratie die Einzige ist, die funktioniert. Ergänzt von Gewaltenteilung und Rechtsstaat vermag sie einen fairen Interessenausgleich herbeizuführen und das Gleichgewicht zwischen persönlicher Freiheit, sozialer Verantwortung und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu gewährleisten.

Für die Demokratie braucht es aber vor allem eins: wehrhafte, zur Mitarbeit an fairen Kompromissen fähige und dazu auch bereite Demokraten. Wer hofft, dass populistische Phrasen dreschende Klientel-Politiker die eigenen Interessen besser nach vorn bringen werden, wird eines Tages ein böses Erwachen erleben. Ebenso die diejenigen, die auf autoritäre Politiker setzen, weil das kurzfristig der einfachere Weg zu Sicherheit und Wohlstand zu sein scheint.

„Ewige Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit.“

Thomas Jefferson
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